Institutionen überschreiben. «We are the institution.» Forschung und Selbstpositionierung 

Praxisfeld DR: Praxisforschung & cultural perfomances
Praxisfeld BN, RE, SC, TP: Wahl

Wird auch angeboten für

Nummer und TypMTH-MTH-PM-02.23H.015 / Moduldurchführung
ModulPraxisfeld 02 ECTS 
VeranstalterDepartement Darstellende Künste und Film
LeitungDr. Benjamin Hoesch
Anzahl Teilnehmende3 - 12
ECTS2 Credits
VoraussetzungenMA Dramaturgie, MA Theater
Lernziele / KompetenzenÜbertragung institutionskritischer Diskurse auf die eigene Arbeitsumgebung; Einblick in Praktiken der (künstlerischen) Institutionsforschung; Reflexion und Selbstpositionierung im institutionellen Feld
Inhalte“[T]he institution is inside of us, and we can’t get outside ourselves.” So begründet die bildende Künstlerin Andrea Fraser in einem programmatischen Text eine Neuausrichtung der Institutional Critique, die das künstlerische Subjekt und seine Position miteinschließen muss. „It’s not a question of being against the institution: We are the institution.“ Die kritische Auseinandersetzung mit Institutionen der Kunst führt in aller Konsequenz nur über die Selbstbefragung: Institutionellen Strukturen begegnen wir als äußere Voraussetzungen unserer Arbeit, in denen wir uns erst einmal zurechtfinden müssen; als professionell tätige Subjekte sind wir aber zugleich selbst Träger:innen, Profiteur:innen, womöglich gar Produkte institutioneller Mechanismen.
In Frasers Verpflichtung der künstlerischen Institutionskritik auf die Selbstreflexion der Künstler:innen steckt aber zugleich das Potenzial eines ermächtigenden Institutionenverständnisses, das die Möglichkeit einer eigenen Mitautor:innenschaft an Institutionen der Gegenwart und Zukunft eröffnet: “It’s a question of what kind of institution we are, what kind of values we institutionalize, what forms of practice we reward, and what kinds of rewards we aspire to. Because the institution of art is internalized, embodied, and performed by individuals, these are the questions that institutional critique demands we ask, above all, of ourselves.”
Wir diskutieren zunächst, wie sich diese Diskurse der Institutional Critique in der Bildenden Kunst auf unsere Lern- und Arbeitsumgebungen im Theater übertragen lassen. Anschließend lernen wir sozialwissenschaftliche und künstlerische Ansätze kennen, mit denen gegenwärtig Institutionen erforscht, kritisiert oder neu entworfen werden. Da wir uns jedoch selbst in die kritische Auseinandersetzung einschließen müssen, reflektieren wir die Abhängigkeit der eigenen Subjektivität von Institutionen der Ausbildung, der Nachwuchsförderung und der künstlerischen Anerkennung. Abschließend erarbeiten wir in kurzen Manifesten oder Statements (Text, Video oder Performance) eine Positionierung als künstlerische Subjekte gegenüber und in unseren institutionellen Voraussetzungen.
Bibliographie / LiteraturAndrea Fraser (2005): „From the Critique of Institutions to an Institution of Critique.” In: Artforum (September), 278–283.

Rahel Jaeggi (2009): „Was ist eine (gute) Institution?“ In: Rainer Forst/Martin Hartmann/dies./Martin Saar (Hg.): Sozialphilosophie und Kritik. Axel Honneth zum 60. Geburtstag. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 528–544.
Juliane Rebentisch (2013): Theorien der Gegenwartskunst zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag (Zur Einführung). Kap. 4: „Kritik der Institution/Institution der Kritik: Kunst im Kontext“, 165-179.

Robert Seyfert (2011): Das Leben der Institutionen. Zu einer allgemeinen Theorie der Institutionalisierung. Weilerswist: Velbrück.
TermineKW47 / (20.11. – 24.11.2022)
DauerTäglich 10:30 – 14:00 Uhr, 15:00 – 18:00 Uhr (Selbststudium)
Bewertungsformbestanden / nicht bestanden
SpracheDeutsch
BemerkungBenjamin Hoesch arbeitet als Theatermacher und Theaterwissenschaftler in Hamburg. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft sowie der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft in Mainz, Valencia und Tel Aviv studierte er Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Künstlerisch arbeitet er v.a. im Regieduo mit Gregor Glogowski sowie an der Produktionsplattform für experimentelles Musiktheater Matter of Facts Studio. Gemeinsame Arbeiten zwischen Installation, Performance und Musiktheater entstanden u.a. am Stadttheater Gießen, auf Kampnagel sowie regelmäßig am Künstler*innenhaus Mousonturm und wurden deutschlandweit und international zu Festivals eingeladen. Praktische Workshops und Szenische Projekte u.a. zu Rhythmus- und Lichtgestaltung leitete Hoesch an der Taiwan National University of the Arts und der Hogeschool voor de Kunsten Utrecht. 2021 führte er zusammen mit Barbara Frazier Regie bei HOW TO GATSBY am Staatstheater Kassel.
Seit 2018 ist Hoesch Mitglied der ortsverteilten interdisziplinären DFG-Forschungsgruppe „Krisengefüge der Künste. Institutionelle Transformationsdynamiken in den darstellenden Künsten der Gegenwart“ am Gießener Institut für Angewandte Theaterwissenschaft. Dort sowie in der neugegründeten AG „Institutioneller Wandel“ der Gesellschaft für Theaterwissenschaft (GTW) arbeitet er an der Entwicklung einer theaterwissenschaftlichen Organisations- und Institutionsforschung. Seit Abschluss seiner Dissertation zu Nachwuchsfestivals als paradigmatische Institution und Organisationsform des Gegenwartstheaters forscht er im Anschlussprojekt zum institutionellen Wandel in der Regieausbildung.
Termine (10)