Perform Yourself - Autofiktionales Schreiben - PROBIEREN_(SC) 

Blockstruktur: 2
Nummer und TypBTH-BTH-L-0023.23H.029 / Moduldurchführung
ModulModulvorlage VSC/VTP/VRE/VDR_3 
VeranstalterDepartement Darstellende Künste und Film
LeitungMoritz Sauer (MoSa)
Anzahl Teilnehmende6 - 8
ECTS3 Credits
LehrformSeminar/Probe
ZielgruppenL2 VSC
Lernziele / Kompetenzen
  • Theorie zu Autofiktionalität / Literatur
  • Techniken autofiktionalen Schreibens (Tagebuch, Schreibübung, Improvisation, Stand-Up)
  • Feedback-Tools in Gruppen
  • Grundlagen eigene Dramaturgie aus Materialsammlung zu generieren
  • mögliche Teilnahme an einem Open Mic in Zürich
  • Erarbeiten einer autofiktionalen Performance
Im fünfwöchigen Workshop PERFORM YOUR SELF werden den BA-Studierenden Methoden
vorgestellt, wie sie autofiktionales Material generieren. Gemeinsam diskutieren und probieren sie
Möglichkeiten aus, eine Version ihres Selbst auf der Bühne zu sein und aktiv mit Persönlichem
künstlerisch umzugehen. Sie lernen verschiedene Methoden autofiktionalen Schreibens, Feedback-
Techniken, Grundlagen der Dramaturgie und Theorie von Autofiktionalität. Falls sie möchten, an
Stand-Up Comedy Open Mic’s Teil, um neues Material vor Publikum zu prüfen. Ein grosser Teil der im
Kurs behandelten Materialien werden im englischen Original rezipiert. Der Kurs wird, nach Absprache
mit den Teilnehmenden, mit einer eigens erarbeiteten autofiktionalen Performance abgeschlossen.
InhalteIn den letzten Jahren hat sich im deutschsprachigen Raum und im Theaterbereich die Bedeutung von
Schauspielende als Bindeglied zwischen Autor:innen, Regisseur:innen und Publika verändert. Mit
Arbeitsformen, wie kollektiven Arbeitsprozessen, ändern sich auch die Anforderungen an
Schauspielenden. Sie sind nicht nur Darstellende, sondern auch Forschende in einem Teamkomplex
und werden zu Zeug:innen ihrer eigenen gelebten Erfahrungen: Sie werden zu Ko-Autor:innen auf
der Bühne - oft durch autofiktionales Erzählen.
Die eigene Perspektive zu kennen oder sich dafür zu entscheiden, einen Aspekt der eigenen Identität
in den Vordergrund zu stellen und mitzuteilen, ist somit eine neue Herausforderung in kollaborativen
Gruppenarbeiten, aber auch für Künstler:innen, die ihr eigenes (Solo-)Werk erschaffen. Der Akt des
Schreibens wird für Schauspielende immer wichtiger und bietet neben der Selbsterkenntnis auch eine
Form der Selbst-Konstitution, der Selbst-Erschaffung auf der Bühne: Ein Mensch performt sich selbst,
und indem er sich auf einer Bühne performt, erschafft er sich ein Selbst.
Das heisst also: Wenn es darum gehen soll, künftig neue, vielfältige, komplexe Texte bzw. inhaltliche
Grundlagen für Performances zu schaffen, müssen die Autor:innen die eigene Identität von innen und
von aussen betrachtet haben, sie sich zu einem gewissen Teil auch wieder auf Distanz gebracht haben:
Welche Stereotypen werden ihnen auferlegt? Wodurch unterscheiden sich ihre Ansichten von denen
der Menschen in ihrer Umgebung? Was sind die soziopolitischen und kulturellen Faktoren um sie
herum, und wie können sie diese nicht nur kommentieren, sondern auch dafür sorgen, dass sie sich in
diese hineinversetzen und Ihre persönliche Geschichte erzählen, ohne dabei den Bezug zur Realität zu
verlieren?
Das Aufbrechen der Identitätskonstruktionen durch vielfältige Perspektiven kann eine grosse
Bereicherung darstellen. Wenn mehr als eine Person einen Text schreibt, ist die Möglichkeit für
unterschiedliche Perspektiven fast automatisch gegeben. Es ist anders, nicht mehr oder weniger
gültig, nur anders, wenn ein Autor allein schreibt, als wenn Menschen zusammenschreiben,
unterscheiden sich die Ideen, Hintergründe, Phantasien wirklich, und zusammen können sie etwas
schaffen, das es ohne das Gespräch in der Gemeinschaft nicht gegeben hätte. Genau an diese neuen
Arbeitsweisen werden die Studierenden im PERFORM YOUR SELF herangeführt: vom eigenen Leben
zum Text, als Ausgangsmaterial von Performances.

AUFBAU
In der ersten Woche wird eine Umgebung geschaffen, die es den Teilnehmern ermöglicht, sich
gegenseitig auszutauschen. Anhand von zeitgenössischen Beispielen in Theater, Literatur und Stand-
Up Comedy wird ein Einstieg in die Thematik Autofiktion gefunden. Gespräche sollen eröffnet werden,
um den Prozess des Brainstormings über ein mögliches gemeinsames Thema zu starten.
In der zweiten und dritten Woche bekommen die Studierenden viel Zeit für ihr Schreiben, um eine
eigene Idee, z.B. einen Monolog für sich selbst auszuarbeiten, der aus den Gesprächen hervorgeht.
Die Idee ist, sich gemeinsam vorzustellen und zu diskutieren, was schon vorhanden ist, was fokussiert
werden muss usw. Es werden nicht nur Fragen des Stils, sondern auch des Inhalts und der Klarheit
gestellt: Wie weit muss man sich von seinen eigenen Erfahrungen entfernen, um ein Stück zu formen,
das die Grenze zwischen dem Persönlichen und dem Politischen ausbalanciert? Die Studierenden
werden angehalten, falls es für sie von Interesse ist, Open Mic’s für Stand-Up zu besuchen, um neues
Material zu prüfen.
In den letzten beiden Wochen werden die Teilnehmer sich selbst inszenieren und in diesem Prozess
durch den Dozierenden begleitet. Sie versuchen für sich herauszufinden, was sich ändert, wenn man
einen selbst geschriebenen Text aufführt, einen Text, der vielleicht autobiografisch ist. Wie verändern
sich die Anforderungen an die Aufführung? Was ändert sich für sie, wenn die Möglichkeit besteht,
dass die Leute alles mit Ihrer eigenen Geschichte in Verbindung bringen.
Bibliographie / LiteraturARBEITSMATERIALIEN (AUSWAHL):

Stand-Up:
Tig Notaro: «Live» (Largo Los Angeles, 2012)

Theater/Performance:
Thomas Ostermeier: «Wer hat meinen Vater umgebracht» (Schaubühne Berlin, 2021)
Robin LaVerne Wilson aka Dragonfly: «Black Queer Madness as Hypersanity. A Summary of my My
AfroSurrealistic Life» (Theater Neumarkt Zürich, «Schweizer Propagandakonferenz», 2019)
She She Pop: «Testament» (HAU Berlin, 2010)
Yael Ronen & Ensemble: «Common Ground» (Maxim Gorki Theater Berlin, 2014)

Dramaturgie:
Vorhaus, John: «The Comic Toolbox: How to be Funny Even if You're Not». Silman-James Press 2014.

Literatur-Beispiele:
Pitts, Johny: „Afropean: Notes from Black Europe”. Penguin UK 2019.
Eribon, Didier: „Rückkehr nach Reims“. Suhrkamp Taschenbuch 2016.
Machado, Carmen Maria: „In the Dream House“. Serpent's Tail 2020.
Myles, Eileen: „Chelsea Girls“. Black Sparrow Press. Santa Rosa - 1994.
Vuong, Ocean: „On Earth We're Briefly Gorgeous.“ Penguin LCC US 2019.
Chee, Alexander: “How to write an autobiographical novel.” Bloomsbury Publishing 2018.
Ernaux, Annie: “Die Jahre.“ Suhrkamp Taschenbuch 2019.
Lorde, Audre: « Zami: A New Spelling of My Name: A Biomythography». Penguin Classics 1982.

Film/TV Shows:
Wang, Lulu: «The Farewell» (2019)
Coel, Michaela: «Chewing Gum» (2015-2017) / “I May Destroy You”
Waller-Bridge, Phoebe: «Fleabag» (2016-2019)

Produktion:
Coel, Michaela: «Misfits: A Personal Manifesto» Ebury 2021.
Soloway, Joey: “She Wants It: Desire, Power, and Toppling the Patriarchy” Soloway Books 2018.
Weiteres Feld:
Gümüşay, Kübra: Sprache und Sein. Hanser Berlin 2020.
Arao, Brian and Clemens, Kristi: „From Safe Spaces to Brave Spaces. A New Way to Frame Dialogue
Around Diversity and Social Justice“ In: Landreman, Lisa M. (Edt.): „The Art of Effective Facilitation“.
Stylus Publishing 2013.
Emcke, Carolin und Fritzsche, Laura (Interview): »Wir sind schon da« Süddeutsche Zeitung Magazin
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/kunst/Schauspielendeinnen-Schauspielende-coming- out-89811
Leistungsnachweis / Testatanforderunggem. Angaben der/des Modulverantwortlichen
TermineRaum: 2 mittlere Proberäume
DauerAnzahl Wochen: 6 (HS: Wo:44-49) / Modus: 4x3h/Wo Kontaktunterricht + 1x3h/Wo Selbststudium gem. Stundenplan_Mo/Di/Mi/Fr, jeweils 16.30-19.30h
Selbststudiumszeit pro Semester: ca. 18h
Bewertungsformbestanden / nicht bestanden
BemerkungMoritz Sauer [er/ihn] moderiert seit fast zehn Jahren Projekte als Autor,
Regisseur, Dramaturg, Performer und Produktionsleiter. Er arbeitet mit
Menschen, deren Gehirne er liebt, und gemeinsam erschaffen sie Räume
für persönlichen und künstlerischen Austausch über politische Themen.
Er entwickelte an und in Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem
Maxim Gorki Theater, dem Tanzhaus Zürich, sowie dem Internationalen
Theaterfestival MESS/Scene MESS, dem Bosnischen Nationaltheater
Zenica, den Festivals zadar snova und Open Futures; er wurde alleine
oder als Teil von Kollaborationen zum Spieltriebe 8 Festival des Theaters
Osnabrück, dem 22.figuren.theater.festival Erlangen, sowie dem Zoom-
In Festival von Nachtkritik.de eingeladen. Im Januar 2022 schloss er
seinen MA in Schauspiel/Performing Arts an der ZHDK ab und arbeitete
u.a. für die andere welt bühne und das Ballhaus Ost in Berlin. Er lebt und
arbeitet in Zürich und Berlin.
www.moritzcontent.com
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