Projektmodul: The Secret Life of Playlists - PRAXIS_(SC) 

Blockstruktur: 1 / 2
Nummer und TypBTH-BTH-L-0022.23F.003 / Moduldurchführung
ModulModulvorlage VSC/VTP/VRE/VDR_8 
VeranstalterDepartement Darstellende Künste und Film
LeitungMax Hanisch (MaHa)
Anzahl Teilnehmende5 - 9
ECTS8 Credits
LehrformProben und Aufführungen
ZielgruppenL3.2 / (L3.3) VSC
Lernziele / KompetenzenZiel/ Wozu

Das Ziel ist, eigene künstlerische Arbeiten auf Basis von popkulturellen Phänomene, Mechanismen und Kommunikationswerkzeuge zu entwickeln. Durch die Auseinandersetzung mit dem Kosmos der Playlists sollen die Studierenden unter Anleitung ein Thema destillieren, das sie interessiert und aus dem sie eine Arbeitsweise und schlussendlich eine Performance entwickeln möchten: “Wie mache ich aus einer Playlist, einem Album, einem DJ Set, einem einzelnen Song oder dem Profil einer Musikerin auf Tik Tok eine Performance und mit welcher künstlerischen Intention?”
Während Alben Erzählungen sind, die Künstler:innen für uns zusammenstellen, ermutigen Playlist uns selbst kuratorisch tätig zu werden. So soll die Methode und Logik des Kuratierens von Musik, Bildern, Texten etc. als Technik zur Komposition gelernt und genutzt werden. Wie kann aus bestehenden Elementen durch neu Arrangieren etwas Eigenes entstehen? Weitere Kompetenzen sind das Finden, Sichten, Auswählen und Organisieren von Musik. Das Auswählen von Musik für eigene Arbeiten und Arbeiten für Kolleginnen wird so praktisch geübt. Wie lässt sich die passende Musik zu einem Bild bzw. einem performativen Vorgang finden und wie lässt sich umgekehrt eine Vorgang zu einer Musik entwickeln? Das Modul beinhaltet weiterhin das Diskutieren über Qualitätskriterien von Musik. Welche Musik ist unter welchen Bedingungen, für welches Publikum oder für den Zweck “gut” oder “schlecht”? Musik ist dabei der Ausgangspunkt, kann aber im Laufe des Prozesses zugunsten von anderen Elementen wie Text oder Bewegung in den Hintergrund treten.

Die Mittel aus Meme Machine (Kopie, Variation, Remix) stehen den Studierenden dabei ergänzend als Toolbox zur Verfügung.
InhalteInhalt / Was

Listen strukturieren schon seit vielen Jahrzehnten wie Menschen Musik rezipieren. Seien es verschiedene Charts, selbstgemachte Mixtapes, Setlists von Konzerten, gemixte DJ Sets oder Jahresendlisten von redaktionellen Musikformaten. Der Song ist zwar die Grundeinheit der Popmusik, aber unser musikalisches Hörerlebnis strukturiert sich in der Moderne eher durch eine bestimmte Aneinanderreihung von Songs. Wie ein:e Autor:in einen Roman schreibt, der aus sequenziell angeordneten Kapiteln besteht, schreiben Musiker:innen ein Album, das aus Songs oder Tracks besteht, die eine Höhrgeschichte erzählen. Musiklisten sind immer auch Psychogramme, von einzelnen Menschen ebenso wie von ganzen Kulturen und Gesellschaften. Doch nicht nur der Inhalt der Listen , also die Songs, bilden Psychogramme, sondern auch die Technologien mit denen sie produziert werden: Schallplatten → Plattenspieler, Hörfunk → Radio, selbst bespielte Kassetten → Walkman, Gebrannte CDs → Discman, Unbundled MP3 Downloads → IPod. Diese Technologien werden selbst zu einem Medium. Denn sie beeinflussen, wie wir Musik rezipieren. Digitale Playlists sind 2022 das dominante Musikformat. Besonders der Streaming Service Spotify hat den Markt revolutioniert. Musik wird über Spotify vor allem auf zwei Wegen rezipiert: redaktionell kuratierte Playlists und die Radiofunktion. Letztere erstellt durch algorithmische Vorhersagen automatisierte Playlists auf Basis des Geschmacks der jeweiligen Hörer:innen und des zuerst abgespielten Songs.

Methode/Womit

Die schwedische Forscherin Maria Eriksson erklärt in ihrem Buch “Spotify Teardown” wie sie die Funktionsweise von Spotify von innen analysierte:
“Das Teardown Konzept beschreibt die Dekonstruktion technischer Produkte und die Identifizierung ihrer Hauptkomponenten. In ähnlicher Weise wollten wir Spotify zerlegen und seine Schlüsselkomponenten und - Mechanismen eruieren- - nicht zuletzt, um die gängigen (Selbst) Darstellungen des Unternehmens zu konterkarieren. Dazu wurden Software- Scripts programmiert, um Spotify Nutzer:innen zu imitieren.''

In dem Modul “The Secret Life of Playlists” werden wir die Methoden des Teardown künstlerisch adaptieren. Der Vorgang des Auseinandernehmens und des Wieder Zusammensetzens werden sowohl metaphorisch als auch praktisch die Basis der Arbeit bilden. Das Ausgangsmaterial ist dabei immer Musik, die in irgendeiner Form und mit einem beliebigen Medium zu einem “geplanten Fluss” kuratiert ist:
  • Bestehende Playlists von Spotify
  • Alben auf Vinyl, CD, Kasette oder einem anderen Medium
  • gemixte DJ Sets auf Youtube oder Soundcloud
  • Eine Folge von Tik Toks
  • Eine Folge von Instagram Stories
  • Hintergrundmusik von Fernsehwerbungen
  • Radiosendungen
  • eigene Auswahl und Zusammenstellung von Songs
  • anderer Beispiele
Das Ausgangsmaterial wird zuerst auseinandergenommen, das heißt analysiert, kontextualisiert und besprochen. Anschließend soll es wieder zusammengesetzt werden, das heißt zur Konstruktion einer eigenen künstlerischen Arbeit der Studierenden verwendet werden.

1. Teardown

-Dekonstruktion einer kuratierten Playlist, einer eigenen Sammlung von Songs oder eines Albums:
Was sagt die Sequenz aus? Wie steht die jeweilige Musik zum jeweiligen gesellschaftlichen Kontext: Was ist daran politisch? Was ist daran gesellschaftlich relevant? Was ist problematisch an der Musik? Wieso hat diese Musik Fans? Wieso ist sie erfolgreich? Wieso ist sie nicht erfolgreich? Wieso gefällt sie mir?
  • Dekonstruktion eines Songs:
    Wie ist ein Stück musikalisch aufgebaut? In welchem Verhältnis stehen Text und Instrumentierung? Auf welchen musikalischen Traditionen baut der Song auf? Wieso funktioniert der Song? Was ist interessant an dessen Entstehungsgeschichte?
2. Construction
  • Skills im Sammeln und Ordnen von Musik.
  • Was macht einen “guten” Übergang aus? Welche Formen des Übergangs gibt es? Wie funktioniert ein Mix?
  • Wie entwickle ich eine Performance aus einem Song oder einer Folge von Songs?
  • Eine eigene inhaltliche Idee entwickeln, realisieren/ proben und aufführen
Bibliographie / Literatur"Listen!'' - Das Neue Alphabet, Band 2”

“Spotify Teardown - Inside the Black Box of Streaming Music”

https://pitchfork.com/thepitch/four-tet-on-his-155-hour-spotify-playlist-the-coolest-thing-on-streaming/
Leistungsnachweis / Testatanforderunggem. Angaben der/des Modulverantwortlichen
TermineRaum: Bühne B inkl. Vorstellungen
DauerAnzahl Wochen: 6 resp. 7 (FS: Wo:08-13+14) / Modus: Blockunterricht: total 10x3h/Wo gem. Stundenplan_Mo/Di/Mi/Do/Fr, jeweils 10.30-13.30h + 16.30-19.30h, Wo14: zwingende Teilnahme an den Vorstellungen; detaillierte Angaben durch die Modulleitung
Selbststudiumszeit pro Semester: ca.
Bewertungsformbestanden / nicht bestanden
Bemerkungwww.maximilian-hanisch.com

Maximilian Hanisch (*1988 in Dresden) ist Regisseur und Performer und hat seinen Lebensmittelpunkt seit 2016 in der Schweiz. Er studierte Schauspielregie am Thomas Bernhard Institut des Mozarteums Salzburg und Expanded Theater an der Hochschule der Künste Bern. Er absolvierte 2012 ein Auslandssemester in China (Shanghai) und nahm 2017 an dem Semesterprogramm Transcultural Collaboration der ZHdK in Hong Kong teil. Seine Arbeiten beschäftigen sich u.a. mit der Bedeutung von Stadtplanung, Architektur und internationalen Kapitalflüssen für politische Teilhabe in Städten. So “Mmmhburg”, ein Stadtrundgang mit Experten für Wandel im öffentlichen Raum und “Die Kontrakte des Kaufmanns” von Elfriede Jelinek. In der Stückentwicklung “Zeig mir deine Wunden” mit dem Living Dance Studio Peking und in “Der Luftangriff auf Halberstadt am 8. April 1945” von Alexander Kluge untersuchte er die Funktion von Trauerritualen und Denkmälern für die Vermeidung gewalttätiger Konflikte.
In seinen Projekten ist er beständig auf der Suche nach inhaltlich und formal neuem Terrain und wählt den Einsatz der Mittel entsprechend dem Thema. Er organisiert Bilder und Texte nach musikalischen Prinzipien und kombiniert dabei Arbeitsweisen aus zeitgenössischem Tanz, dokumentarischem Theater, bildender Kunst und klassischem Sprechtheater. Seine Arbeiten wurden u.a. in Kiew, Braunschweig, Hong Kong und Shanghai gezeigt. Er kollaboriert regelmäßig mit dem Choreografen Jeremy Nedd. 2018 entwickelten sie gemeinsam “Sad Boy Culture”, einen Abend über Melancholie im Hip Hop, für das Belluard Festival in Fribourg. Im November 2018 präsentierte Hanisch sein Masterprojekt “Maps of Disappearance” im Ming Contemporary Art Museum in Shanghai und im Kunstmuseum Bern im Rahmen von République Géniale. 2019 realisierte er die Arbeit “The Fog” im Rahmen von Trial&Error an der Dampfzentrale Bern und zusammen mit Sarah Methner “Wer hat Angst vor Niketown?” bei den Treibstoff Theatertagen in der Kaserne Basel. 2020 folgte die Inszenierung „Unlearning Acts“ am Theater Neumarkt in Zürich. Maximilian Hanisch war Mitglied des Kuratoriums des Schweizer Theatertreffens für die 2020 Ausgabe des Festivals.

2021 realisierte er mit Sarah Methner die Stückentwicklung „Plattenbauten – Inseln der Gegenwart“ als internationale Koproduktion in Basel, Dresden, Weimar und Berlin. Im Mai 2022 kamseine Stückentwicklung zum Film „The Lobster“ am Theater Neumarkt in Zürich zur Premiere.
Termine (70)