Kulturpolitische Perspektiven der Gegenwart 

Was für ein Theater braucht die Zukunft? - Was für eine Zukunft braucht das Theater?
Partizipatives FutureLab eines imaginären Stadttheaters der Zukunft

Angebot für

Nummer und TypBTH-VDR-L-30000.19H.001_WF / Moduldurchführung
ModulErzählen.Raum.Zeit / Narrativ Kuratieren 
VeranstalterDepartement Darstellende Künste und Film
LeitungHarald Wolff (HaWo)
Zeit
Anzahl Teilnehmende5 - 12
ECTS1 Credit
LehrformSeminar & Übung
ZielgruppenWahlmöglichkeit:
L2 VDR / L2 VBN ab 5. Sem
L3 VDR / L3 VSZ
Lernziele / KompetenzenZentrale Kenntnisse gegenwärtiger kulturpolitischer Zukunfts-Debatten im deutschsprachigen Raum. Vertieftes Verständnis von Funktionen kultureller Institutionen in sich wandelnden Gesellschaften. Kenntnis und modellhafte Anwendung von Strategien, Strukturveränderungen anzustoßen und künstlerische Ziele in Institutionen umzusetzen, vor dem Hintergrund der Arbeitsweisen kultureller Institutionen.
InhalteWelche Funktion haben Kunst und Theater, wenn Demokratien in der Krise sind und Wahrheit zu einer Frage politischer Überzeugungen geworden ist? Wie sehr brauchen wir in Zeiten des neuerstarkenden Nationalismus neue funktionierende Erzählungen für diverse und transnationale Gesellschaften? Welche neuen Formen und Akteur*innen brauchen die Repräsentationsmaschinen des Bürgertums, um die heutige Gesellschaft angemessen reflektieren zu können?
Die Debatte um das Stadttheater der Zukunft hat sich in den letzten 10 Jahren von ästhetischen und strukturellen Fragen hin zu politischen Fragen verlagert - es geht inzwischen oft weniger darum, neue Formen zu (er)finden, als vielmehr längst darum, sie politisch durchzusetzen und/oder zu verteidigen.
Aber wie sähe es denn heute aus, ein konkretes Stadttheater der Zukunft? Werden sich auch die Stadt-, Staats- und Nationaltheater in Transnationaltheater wandeln? Welche Rolle spielen die sich aus gesellschaftlichen Veränderungen ergebende strukturelle Fragen, wie also werden sich Institutionen der Narration und Repräsentation zukünftig ins Verhältnis setzen zu Fragen der Post-Narration und Post-Repräsentation?
Die kommende Jahreskonferenz der Dramaturgischen Gesellschaft wird vom 2. bis 6. Februar 2020 in Gent stattfinden, einem Ort, der im Moment in einzigartiger Weise theatraler Innovationsmotor in Europa ist – ein Futurelab of European Theatre, in dem eine neue Form von Stadttheater ausprobiert wird, ein struktureller Hybrid mit der Freien Szene. Wir werden einige zentrale Fragestellungen der Konferenz vorab durchspielen, indem die Teilnehmenden dieses partizipativen Futurelabs als imaginäre Mitarbeiter*innen eines virtuellen Stadttheaters der Zukunft in einer einwöchigen Spielplansitzung anhand ihrer Vorlieben und Interessen einen fiktiven, aber sehr konkreten Spielplan entwerfen (und dabei hoffentlich möglichst viele Man-muss-Dochs und Man-kann-doch-Nicht-Stadttheaterklischeevorstellungen aus dem Weg räumen). Dies sollte zugleich ein pragmatisches und sehr konkretes Rüstzeug für mögliche spätere eigene Schritte in einem tatsächlichen Stadttheater bereitstellen.
Ausgehend von der Frage der gesellschaftlichen Verortung (Wo stehen wir? Wo steuert die Gesellschaft hin? Was bedeutet das für uns als Theaterschaffende?) und auf der Grundlage der wesentlichen Eckpfeiler der aktuellen Stadttheaterdebatte sowie in Auseinandersetzung mit den wesentlichen aktuellen Debattentreiber*innen (ensemble-netzwerk, code of conduct, regie-netzwerk, burning issues) werden wir versuchen, eine Positionsbestimmung und persönliche Vision der Teilnehmenden für ihr jeweiliges Wunsch-Stadttheater der Zukunft zu entwickeln.
Jede*r Teilnehmende wird gebeten, ein Impulsreferat zu übernehmen. Bitte nennt bei der Anmeldung das Themenfeld, das Euch inhaltlich besonders interessiert, die Verteilung erfolgt dann soweit möglich nach Präferenzen. Eigene Vorschläge über die unten angeführten Texte hinaus sind willkommen!
Bibliographie / LiteraturThemenfeld "Stadttheater der Zukunft":
· Zur Vergangenheit des Stadttheater der Zukunft: Heiner Goebbels, Josef Mackert, Barbara Mundel (Hg.): Heart of the City. Recherchen zum Stadttheater der Zukunft. Arbeitsbuch 20, Theater der Zeit, 2011. Und: Dorte Lena Eilers, Jutta Wangemann (Hg.): Heart of the City II. Recherchen zum Stadttheater der Zukunft. Arbeitsbuch 26, Theater der Zeit 2017.
· Eine Zusammenfassung des heutigen Standes der Debatte findet sich hier: Stefan Bläske, The theatres, they are a-changin, in: etcetera (https://e-tcetera.be/the-theatres-they-are-a-changin/)
· Als Gegenposition dazu: Stefan Kimmig: Plädoyer für das deutsche Stadttheater. Stephan Kimmig will nicht länger nach Holland schielen. In: Theater heute Jahrbuch 2014: Reale Utopien.
· Der aktuelle Versuch: Das Genter Manifest: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=15410:das-genter-manifest-das-neue-leitungsteam-des-ntgent-um-milo-rau-gibt-sich-zehn-radikale-regeln&catid=101:debatte&Itemid=84
· Zum Theater als Spieler der Zivilgesellschaft: Harald Wolff: Goldenen Zeiten. (https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12994:erfahrungsraeume-der-demokratie&catid=101&Itemid=84)
Zu kollektiven Arbeitsprozessen:
· Zur Politisierung der Infrastruktur von Theaterinstitutionen, Kunst der Kollektive und Ästhetik der Beschäftigung: Kai van Eikels:
https://www.merkur-zeitschrift.de/2018/11/27/betriebshellsichtigkeit-zur-souveraenitaet-des-theaters/#more-11492
https://kunstdeskollektiven.wordpress.com/2019/02/08/vorlesungsmanuskript-partizipation-ansprueche-und-wirklichkeiten-des-politischen-in-den-kuensten/
· Ebenfalls zu kollektiven Arbeitsweisen: Karin Nissen-Rizvani und Martin Jörg Schäfer:„Prozessual erzeugte Texte im Gegenwartstheater“
· Zur Dramaturgie als Praxis mit katalytischer Funktion, die Räume der Verhandlung öffnet, um neue soziale und politische Entwürfe zu ermöglichen: Konstantina Georgelou, Efrosini Protopapa, und Danae Theodoridou, Herausgeberinnen der Anthologie „The Practise of Dramaturgy. Working on Actions in Performance” sind, https://dramaturgyatwork.wordpress.com
· Zur Verknüpfung von radikaler Demokratie, politischem Transformationspotential von Kunst/Theater, und utopischem Denken und künstlerisch-performativen und politischen Praktiken der experimentellen Wiedergewinnung von „Zukunft“, Öffentlichkeit und Repräsentation: Oliver Marchard: Being Agitated – Agitated Being. Art and activism in times of protest’, in Robin Celikates, Regina Kreide, Tilo Wesche (Hg.): Transformations of Democracies: Crisis, Protest, Legitimation, London: Rowman& Littlefield 2015, 107-27
Repräsentanz und Partizipation:
· Zur Frage der Repräsentanz: Hanna Voss: Theater zwischen Reproduktion und Transgression körperbasierter Humandifferenzierungen. In: Dramaturgie. Zeitschrift der Dramaturgischen Gesellschaft 02/17: Körper. Repräsentation, Interaktion, Differenz.
· Max Czollek: Desintegriert Euch! Hanser, München 2018.
· Reni Eddo-Lodges: Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche. Tropen 2019.
· Zur Problematisierung von Identitätspolitik: Silke van Dyk: Identitäts- oder Klassenpolitik? In: Republik der Liebe. Doing Democracy. Dokumentationsheft der Jahreskonferenz der Dramaturgischen Gesellschaft vom 31.1.–3.2.2019 in Jena und Weimar, Berlin 2019
· Zum gesellschaftlichen Hintergrund: Isolde Charim: Ich und die Anderen: Wie die neue Pluralisierung uns alle verändert. Wien, Paul Zsolnay Verlag 2018
· Dagegen François Jullien: Es gibt keine kulturelle Identität. Suhrkamp, Berlin 2017
· Zu Debatte um Partizipation: Detlef Brandenburg / , Katharina Wantoch (Hg.): Die Ermächtigung des Zuschauers: Partizipation im Theater: ein fundamentaler Perspektivwechsel der ästhetischen Erfahrung. Erschienen als: Die Deutsche Bühne, Themenheft 2018
· Ebenfalls: Wolfgang Schneider / Anna Eitzeroth (Hg.): Partizipation als Programm. Wege ins Theater für Kinder und Jugendliche. Transcript-Verlag, 2017
Politische Entwicklungen:
· Zur Spaltung der Gesellschaft: Ulrike Guérot: Zurück in die Zukunft. In: Republik der Liebe. Doing Democracy. Dokumentationsheft der Jahreskonferenz der Dramaturgischen Gesellschaft vom 31.1.–3.2.2019 in Jena und Weimar, Berlin 2019
· Zur Erosion der Demokratie: Norbert Lammert: Wie stabil ist unsere liberale Grundordnung?, und: Ece Göztepe Çelebi et al.: Internationale Perspektiven zur Zukunft demokratischer Grundordnungen, beides in: Republik der Liebe. Doing Democracy. Dokumentationsheft der Jahreskonferenz der Dramaturgischen Gesellschaft vom 31.1.–3.2.2019 in Jena und Weimar, Berlin 2019
· Zu Handlungsimperativen: Ingolfur Blühdorn: Politisches Handeln Jetzt!, und: Arne Vogelgesang: Alle müssen was tun. In: Dramaturgie. Zeitschrift der dramaturgischen Gesellschaft 02/16: Was tun. Politisches Handeln jetzt.
· Zur Aufgabe von Kunst: Florian Malzacher (Hg.): Truth is concrete. A handbook for artistic strategies in real politics. Sternberg 2014
Digitalität und Theater:
· Douglas Rushkoff: Present Shock
Zukünftigen Förderstrukturen:
· Thomas Oberender: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14667:perspektiven-einer-kuenstlerfoerderung-auf-bundesebene-thomas-oberenders-rede-beim-bundesforum-vom-buendnis-der-freien-darstellenden-kuenste&catid=101:debatte&Itemid=84
Leistungsnachweis / Testatanforderunggem. Angaben der/des Modulverantwortlichen
TermineRaum: 1 mittlerer Proberaum mit Tischen
DauerAnzahl Wochen: 1 (HS: Wo:38) / Modus: 5x7h/Wo_Mo-Fr, jeweils 10.30-13.30h und 14.30-18.30h (Selbststudiumszeit: 16.00-18.30h [ohne Do wg. Forum])
Selbststudiumszeit pro Semester: ca. 10h
Bewertungsformbestanden / nicht bestanden
Termine (10)