Seminar 2: Piratinnen, Vagabunden, Aussteigerinnen. Aussenseiterfiguren in postkolonialer Perspektive (gLV) 

Wird auch angeboten für

Nummer und TypMTR-MTR-1002.19F.002 / Moduldurchführung
ModulSeminar 
VeranstalterDepartement Kulturanalysen und Vermittlung
LeitungBasil Rogger und Soenke Gau
ZeitFr 22. Februar 2019 bis Fr 5. April 2019 / 9:15–12:30 Uhr
OrtAtelier Transdisziplinarität ZT 7.F03
Anzahl Teilnehmendemaximal 25
ECTS2 Credits
VoraussetzungenStudium MA Transdisziplinarität

Für Studierende anderer Studiengänge der ZHdK, im Rahmen der Geöffneten Lehrveranstaltungen: Einschreibung über ClickEnroll
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LehrformSeminar
ZielgruppenWahlpflicht für Master Trainsdisziplinarität
Geöffnete Lehrveranstaltung für alle Master-Studierenden der ZHdK
Lernziele / KompetenzenDas Seminar untersucht an zahlreichen Beispielen aus den Künsten zentrale Aussenseiterfiguren und verortet deren Konstruktion und Narration in den postkolonialen Diskursen der Gegenwart und vemittelt so einerseits einen Einblick in die Geschichte und Gegenwart der Devianzforschung und andererseits einen Überblick über aktuelle postkoloniale Diskurse.
InhalteDie Figur des Aussenseiters oder der Aussenseiterin ist in den Künsten wie auch in den Wissenschaften ein ausgesprochen beliebtes Motiv – und damit eben auch ein „Objekt“, das erforscht, dargestellt, untersucht wird. Die Anfänge der Behandlung dieses Themas sind geprägt von einer ambivalenten Spannung: Aussenseiter*innen werden romantisch überhöht und gleichzeitig pathologisiert und kriminalisiert, sie stehen für etwas Begehrenswertes ebenso wie für etwas Unmoralisches oder Verbotenes; das „Aussen“, in dem sie sich befinden, ist interessant und verwerflich zugleich. Deshalb ist der „Sonderling“ in der Literatur oder der bildenden Kunst der Romantik ein ebenso interessantes Motiv wie er in der entstehenden Soziologie und Psychologie des späten 19. Jahrhunderts ein beliebtes Forschungsobjekt ist.


In seinen Untersuchungen über die „Anormalen“ hat Michel Foucault freigelegt, wie sehr Aussenseiterfiguren von einer Gesellschaft recht eigentlich hervorgebracht werden, weil die Konstruktion des „Aussen“ notwendiger Bestandteil einer Stabilisierung des „Innen“ einer Gesellschaft ist – eine Gesellschaft und ihre Aussenseiter sind unauflöslich miteinander verwoben und auf vertrackte Weise voneinander abhängig.

Aus einer postkolonialen Perspektive sind die Aussenseiterfiguren besonders interessant, weil in ihnen die Ausschlusslogiken einer Gesellschaft besonders deutlich zutage treten und weil sich die vielfältigen Ausschlussmechanismen ständig überkreuzen. Ebenso vielfältig sind die Formen des Widerstandes: versklavte Afrikaner*innen, die sich bilden und wehren, verschleppte Europäer*innen, die in den Kolonien zu den Kolonisierten überlaufen und Aufstände organisieren, Freibeuter, die mit eigenen Flotten und Heeren die Ausbeutung umzukehren versuchen, sie alle stehen für eine Emanzipation dieses Aussenseitertums. Dieses wurde nicht nur in den Künsten und in der Populärkultur verewigt, in Figuren wie Pocahontas, Sandokan, Bonnie & Clyde, Mary Read und Anne Bonny, es wirkte zurück in die europäische Herrschaftskultur und es wurde zum Rollenmodell für eine Spielart des postkolonialen Diskurses, der mit Paul Gilroys „Black Atlantic“ begann und heute noch wirksam ist, sei dies im Afrofuturismus oder in der Figur der vielköpfigen Hydra, deren Bekämpfung schon Francis Bacon im 17. Jahrhundert zum Programm machte.
Bibliographie / LiteraturMichel Foucault: Die Anormalen, Berlin 2003
Paul Gilroy, The Black Atlantic. Modernity and Double Consciousness, London 1993
Peter Linebaugh / Marcus Rediker, Die vielköpfige Hydra. Die verborgene Geschichte des revolutionären Atlantiks, Berlin 2008
Susan Buck-Morss: Hegel und Haiti, Berlin 2011
Weiter Literatur wird zu Beginn des Seminars bekannt gegeben.
Leistungsnachweis / TestatanforderungAktive Mitarbeit, 80% Anwesenheit
TermineFreitagvormittag, jeweils 9.15 bis 12.30 h
am 22.2. / 1.3. / 8.3. / 15.3. / 22.3. / 29.3. / 5.4.
Dauer7 Halbtage im 1. Quartal
Bewertungsformbestanden / nicht bestanden
BemerkungUnterrichtssprachen des Seminars sind Deutsch und Englisch.
The seminar will be held in German and English.
Termine (7)