FACHINPUT A: Produkt Forschungsworkshop 

Input und Übungen zur Sichtung und Auswertung von Datenmaterial
Nummer und TypMDE-VPR-FachA-2000.17H.001 / Moduldurchführung
ModulProdukt Fachinput A 2. Semester 
VeranstalterDepartement Design
LeitungDr. Francis Müller, Annina Gähwiler, Aela Vogel
ECTS2 Credits
VoraussetzungenDie Zwischensemesterarbeit ist gemacht und wird mitgebracht.
LehrformWorkshop, Einzelarbeit, Gruppenarbeit und Präsentationen
ZielgruppenStudierende 2. Semester Master of Arts in Design, Vertiefung Master Produkt
Lernziele / KompetenzenDie Studierenden sind in der Lage eigenständig eine Basis und einen Fundus für die Forschungs-, Theorie-, und Praxisarbeit zu legen.
InhalteDer Workshop beginnt mit einer Einführung in die Auswertung von Forschung und mit einer ersten Sichtung des Datenmaterials, das die Studierenden in ihren empirischen Forschungen erarbeitet haben. Das Mitbringen von eigenem empirischen Datenmaterial ist Voraussetzung für die Teilnahme. Der Workshop fungiert auch als Startpunkt für den Transfer ins Design.

1. Tag: Exploration und die Suche nach Spuren
Die Studierenden sind aufgefordert, das Datenmaterial ihrer empirischen Untersuchungen mitzubringen und auszulegen, was sich um Fotos, Videos, Skizzen, Material, transkribierte Interviews/Gespräche, Beobachtungsprotokolle, Resultate von Experimenten etc. handeln kann. In diesem Datenmaterial werden neue Sinnzusammenhänge und Phänomene gesucht – auch solche, an die man gar nicht gedacht hat (Serendipität). Das geht nur, wenn man die Dinge nicht vorschnell nach alltäglichem Common-Sense-Wissen klassifiziert und versucht, sie zu dekomponieren und sie mit einem fremden Blick zu sehen. Deshalb wird in Gruppen aufs Datenmaterial geschaut. Zur qualitativen Auswertung von Texten wird unter anderem das offene Kodieren der "Grounded Theory" erläutert: Die Pointe dieser Methode besteht darin, im eigenen Datenmaterial signifikante "Spuren" zu suchen, daraus Kategorien zu bilden und so Hypothesen zu entwickeln. Wie Robert Prus es formuliert, bietet die Grounded Theory keinen Weg zu objektiver oder reproduzierbarer Erkenntnis, sondern lediglich einen Weg zu interessanten, gegenstandsbezogenen, aber dennoch unvermeidlich kreativ-interpretativen ethnografischen Einsichten. "Datenanalyse" wird in diesem Zusammenhang als ein abduktiv und explorativ verstanden – und sie grenzt sich daher von Analyseprozessen in positivistisch-strengen Naturwissenschaften ab, bei denen vorab konstruierte Hypothesen getestet werden (Deduktion).

Benötigtes Material:
Resultate des Zwischenesemesters
Recherchen, Entwürfe, Versuche
eigenes visuelles Material; Skizzen, Bildmaterial, Videos etc.
transkribierte Interviews
Beobachtungsprotokolle

2. Tag Selbststudium
In der Zwischenzeit ergänzen die Studierenden ihre Materialen und führen ihre Auswertung weiter.

3. Tag: Sichtung, Aufarbeitung der Erkenntnisse und Transfer in den Designprozess
An diesem dritten Tag wird das erarbeitete Material gesammelt und auf verschiedene Weisen in eine Struktur gebracht. Eigentlich wird ein Mosaik aus dem eigenen Datenmaterial konstruiert, aus dem übergeordnete Themen formuliert werden, die als Erkenntnisgrundlage in der Theorie-Thesis wie auch für den Transfer in die Gestaltung fungieren. So werden Hypothesen entwickelt, die im eigenen Datenmaterial geerdet ("grounded") sind und die nicht auf Vorwissen basieren.

Das Hauptaugenmerk wird in diesem zweiten Teil auf den Transfer ins Design gelegt: Mit den Resultaten sollen Argumente für eine spezifische Designlösung erarbeitet werden, welche die Theorie in die Praxis überführen. So soll die eigene empirische Forschung mit dem Transfer in die Gestaltung verschränkt werden. Auch eine visuelle Herangehens- und Arbeitsweise wird dabei geübt.

Dieser Prozess – Forschung, Analyse und Transfer ins Design – ist gewisserweise eine idealtypische Konstruktion; in der Praxis vermengen sich verschiedene Elemente durchaus und laufend. Forschung, Analyse und Gestaltung sind daher in der Praxis nicht als lineare Prozesse zu verstehen, sondern als Iterationen und "reflection in action" (Donald Schön), die ineinander übergreifen.
Bibliographie / LiteraturCharmaz, Kathy/Mitchell, Richard G. (2001): Grounded Theory in Ethnography, in: Paul
Atkinson, Amanda Coffey, Sara Delamont, John Lofland und Lyn Lofland: Handbook of
Ethnography. Los Angeles/London/New Delhi/Singapore/Washing¬ton DC: SAGE, S.
136-144.

Breuer, Franz 2010: Reflexive Grounded Theory. Eine Einführung in die Forschungspraxis. Wiesbaden: VS Verlag.

Dellwing, Michael/Prus, Robert (2012): Einführung in die interaktionistische Ethnografie.
Soziologie im Aussendienst. Wiesbaden: Springer.

Feyerabend, Paul 1976: Wider den Methodenzwang. Skizzen einer anarchistischen Erkenntnistheorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Inagaki, Tatsuo 2010: Fieldwork as Artistic Practice, in: Arnd Schneider und Christopher Wright: Between Art and Anthropology. Contemporary Ethnographic Practice. London und New York: Bloomsbury, S. 75–81.

Kozinets, Robert V. 2010: Netnography. Doing Ethnographic Research Online. Los Angeles, London, New Delhi, Singapore, Washington DC: SAGE.

Latour, Bruno 1998: From the World of Science to the World of Research?, in: Science 280, S. 208-209. science.sciencemag.org/content/280/5361/208.full (11. August 2016).

Murphy, Keith M. und George E. Marcus 2013: Epilogue: Ethnography and Design, Ethnography in Design … Ethnography by Design, in: Wendy Gunn, Ton Otto and Rachel Charlotte Smith (Hrsg.): Design Anthropology. Theory and Practice. London/New York: Bloomsbury, 251-268.

Pink, Sarah 2013: Doing Visual Ethnography. London, Thousand Oaks (CA), New Delhi, Singapore: SAGE.

Pink, Sarah und Jennie Morgan 2013: Short-Term Ethnography: Intense Routes to Knowing, in: Symbolic Interaction, Volume 36, Issue 3, S. 351–361.

Schön, Donald A. 1983: The Reflexive Practitioner. How Professionals Think in Action. New York: Basic Books.

Spradley, James P. (1980): Participant Observation. Belmont/CA: Wadsworth.
Leistungsnachweis / TestatanforderungTeilnahme und Präsentation
Termine10.10.17
11.10.17 (Selbststudium)
12.10.17
Dauerjeweils ganzer Tag
Bewertungsformbestanden / nicht bestanden
Termine (1)