Das Universum glüht

Ein ganzer Abend mit Musik von Olivier Messiaen (1908-1992) im Grossmünster Zürich, das ist ein Ereignis. Ermöglicht wurde er durch das Orchester, das Perkussionsensemble und das Vokalensemble der Hochschule Musik und Theater Zürich und eigene Solistinnen und Solisten der Hochschule

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Ein ganzer Abend mit Musik von Olivier Messiaen (1908-1992) im Grossmünster Zürich, das ist ein Ereignis. Ermöglicht wurde er durch das Orchester, das Perkussionsensemble und das Vokalensemble der Hochschule Musik und Theater Zürich und eigene Solistinnen und Solisten der Hochschule unter der engagierten Leitung des Dirigenten (und Dozenten) Karl Scheuber. Wunderbar, wie diese Musik zum Glühen kam. In den skizzenhaften «Sept Haïkaï» für Soloklavier (sehr biegsam: Atena Carte), Xylophon, Marimba, Bläser und kleines Orchester mischte sich die dicht verwobene Instrumentation mit der eigentümlichen Harmonik zu variantenreichen Farben. Hier wurde die Klangbalance der Musik manchmal etwas durch die Akustik des Grossmünsters erschwert - das einzige etwas problematische Werk des Abends. Fabelhaft zum Schluss die frühen, die Süsse und das Feuer von Messiaens Katholizismus gleichsam transzendierenden «Trois petites liturgies de la présence divine» mit Oleksiy Stukalenko (Klavier) und Jacques Tchamkerten (Ondes Martenot), dem Perkussionsensemble und den glockenrein singenden Sopranen des Vokalensembles.

Auf erhellende Weise ergänzt wurden diese Werke mit den Orgelsoli «Chants d'oiseaux» (Chikako Kato) und «Les mains de l'abîme» (Peter Freitag). Und in der Mitte des Konzertes ereignete sich der Höhepunkt des Abends: eine brillante, genau Atem und Ton der Musik treffende Aufführung der «Oiseaux exotiques» für Soloklavier und ein kleines Orchester aus Bläsern und Perkussionsinstrumenten. Mit feinem Gespür passte Scheuber die Tempi der Akustik des Raumes an und hielt das Geschehen selbst bei dichten Stellen stets transparent. Und der Solist, See Siang Wong, gab den auf den Konzertflügel «übersetzten» Vogelstimmen ein Leuchten, dass man meinte, das ganze Universum sei in das Grossmünster eingedrungen. Wie dieser Pianist im Dienste der Musik gestalten kann, ist auch auf seiner bei Decca erschienenen Compact Disc mit frühen Klavierwerken von Debussy zu hören.

Alfred Zimmerlin

Zürich, Grossmünster, 11. Mai. Claude Debussy: Early Piano Works. See Siang Wong, Piano. Decca 476 312-2 (CD).